Familienentlastendes Projekt wellcome feiert zehnjähriges Jubiläum in Trier

Gudrun Zimmermann, „wellcome“-Koordinatorin bei der Schwangerenberatung des Diakonischen Werkes Trier, freut sich über das zehnjährige Bestehen der wellcome-Intiative in Trier

Frau Zimmermann, was genau ist „wellcome“?

wellcome ist eine Wortschöpfung aus den Worten ‚welcome‘ (willkommen) und ‚well‘ (gut) – gut ankommen.
Dieses Wortspiel deutet schon den Zweck des Konzeptes an: praktische Hilfe nach der Geburt, damit das neue Familienmitglied gut ankommt.

Das bedeutet konkret, dass eine ehrenamtliche Kraft circa einmal bis zweimal wöchentlich die Familie aufsucht und dann entweder das Baby oder auch ein Geschwisterkind betreut. So haben die Eltern währenddessen beispielsweise Zeit für den Haushalt, für Einkäufe oder auch einfach mal in Ruhe zu duschen oder Liegengebliebenes zu erledigen. Manche Ehrenamtliche begleiten die Eltern auch zu Arztbesuchen oder zu Freizeitaktivitäten der Kinder, wo es für die Erziehenden sonst alleine sehr schwer wäre, allen Kindern gleichzeitig gerecht zu werden. Für diese Unterstützung beteiligt sich die Familie mit bis zu fünf Euro die Stunde – abhängig von der finanziellen Situation der Familie – denn am Geld darf die Hilfe nicht scheitern.

Hier im Diakonischen Werk koordiniere ich diese Hilfe, indem ich Ehrenamtliche gewinne und diese mit Familien mit Unterstützungsbedarf zusammenbringe. Wellcome feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Jubiläum in Trier.
Das Diakonische Werk Trier startete dieses familienentlastende Angebot am 10. Mai 2010 mit einer Eröffnungsfeier.


Wie bringen Sie die Ehrenamtlichen mit den Familien zusammen?

Besonders wichtig ist mir bei diesem Matching, dass die Chemie zwischen den Ehrenamtlichen und den Familien stimmt. Beide Seiten sollen sich miteinander wohl fühlen – nur so kann wellcome funktionieren.

Zunächst ermitteln wir den genauen Bedarf der Familie und die Kapazität der Ehrenamtlichen. Wie viel Zeit können die Ehrenamtlichen investieren; wollen sie die Kinder ausschließlich im häuslichen Umfeld betreuen oder würden sie auch an Ausflügen teilnehmen?

Dann gibt es weitere grundsätzliche Überlegungen: Sind die Ehrenamtlichen mobil; wie kommen sie zu ihrem Einsatzort bei den Familien? Brauchen die Ehrenamtlichen körperliche Fitness, weil sie die Familie beispielsweise beim Einkaufen begleiten? Hat die Familie vielleicht ein Haustier und ist daher auf Allergien zu achten?

Erst wenn solche Fragen geklärt sind, kann ein erstes Treffen stattfinden.


Wie erfahren die Ehrenamtlichen von dem Projekt? Wie stellen Sie deren Eignung sicher?

Hier in Trier ist es vor allem die Ehrenamtsagentur, über die Ehrenamtliche zu ihrem Einsatz bei wellcome kommen. Es gibt in vielen Städten auch Ehrenamtsbeauftragte, bei denen man seinen Bedarf melden kann. Da unser Projekt hier wirklich sehr erfolgreich läuft, kommen immer wieder Ehrenamtliche auch auf Empfehlung von Bekannten hin zu uns.

Die wichtigste Voraussetzung auf Seiten der Ehrenamtlichen ist die Erfahrung in der Baby- und Kinderbetreuung. Viele Ehrenamtliche sind selbst Mütter und bereits Großmütter und von sich aus schon Fachfrauen in der Kinderbetreuung.

Einige unserer freiwillig engagierten Familienunterstützerinnen sind noch im Studium und haben noch keine eigenen Kinder, doch dafür schon jahrelang Erfahrungen in der Kinderbetreuung im Privatbereich als Babysitterin oder in der Beaufsichtigung von Geschwister- und Nachbarskindern.

Auf jeden Fall überzeugen mich die ehrenamtlichen wellcome-Mitarbeiterinnen in einem ersten Kontaktgespräch, dass sie mit Herz bei der Sache sein werden. Außerdem ist die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses obligatorisch.

Zweimal im Jahr richtet wellcome zudem eine Fortbildungsveranstaltung aus, die Themen behandelt, welche für die Familien relevant sind – von Ernährung, über Einschlafprobleme bis hin zur Ersten Hilfe am Kind. Zu diesen Fortbildungen sind sowohl die Ehrenamtlichen als auch die unterstützten Familien und andere Interessierte herzlich eingeladen.

Daneben ist eine ständig mögliche fachliche Begleitung über mich als Koordinatorin gewährleistet.


Wie erfahren die Familien von dem Projekt? Kann sich jede Familie melden?

Wir kooperieren mit dem Netzwerk ‚Frühe Hilfen‘, an welches sich Familien ab der Schwangerschaft bis hin zu etwa dem dritten Lebensjahr des Kindes wenden können. Das Netzwerk setzt sich zusammen aus Hebammen, Kinderkrankenhäusern und Geburtskliniken, Frauenbeauftragten, Jugendämtern, Jobcentern und vielen weiteren Anlaufstellen.

Zusätzlich erfährt wellcome seitens der Politik große Wertschätzung und erlangt dadurch auch mehr Bekanntheit. Die bundesweite Schirmherrin der Franchise ist beispielsweise unsere Bundeskanzlerin, Angela Merkel. In Rheinland-Pfalz ist Anne Spiegel, die Landesministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, die quasi höchste Vertreterin.

Die Hilfe ist für alle Familien zugänglich die sich persönlich überlastet fühlen, das heißt, die Nutzung der Hilfe ist nicht an den kulturellen oder sozialen Status der Familie geknüpft. So können sich Familien mit und ohne Migrationshintergrund an uns wenden, Ein-Eltern-Familien, große und kleine Familien, werdende Mütter und Väter, oder Verwandte, Bekannte, Freunde oder andere Beratungseinrichtungen oder helfende Behörden. wellcome arbeitet außerdem überkonfessionell, das heißt, die Nutzung der Hilfe ist nicht an die Religion der Familie gebunden.


Wer profitiert ihrer Erfahrung nach von wellcome?

wellcome ist sozusagen ein win-win-win Projekt.

Da ist die Ehrenamtliche, die ihre freie Zeit sinnvoll ausfüllen möchte. Dann gibt es die Familie, die Entlastung braucht und jemanden sucht. der Zeit für sie hat. Und zuletzt bin da ich als Koordinatorin. Ich begleite das Tandem mit sehr viel Herzensenergie und teile die Freude, wenn ein Matching funktioniert.

Welche Wirkung des Projekts konnten Sie persönlich beobachten?

Die betreuten Familien erleben durch unser Projekt Entlastung in ihrem Alltag und ihrer Erziehungsarbeit. Dies führt zu einer positiven Entwicklung der Mutter-Kind-Bindung und zu einer besseren Paar-Beziehung. Langfristig wirkt sich wellcome somit auch positiv auf die Entwicklung der Kinder aus.

Die Ehrenamtlichen erleben in ihren Familieneinsätzen sehr viel Wertschätzung und entgegengebrachtes Vertrauen. Eine Ehrenamtliche hat das in einer Aussage gut auf den Punkt gebracht: „Da macht dir jemand die Tür auf und sagt – oh wie schön, dass Du da bist!“

In Zahlen lässt sich die Wirkung unseres Projekts natürlich auch ausdrücken. Bisher konnten wir über die Jahre insgesamt über 600 Familien aus der Region Trier in persönlichen oder telefonischen Beratungsgesprächen Unterstützung und Hilfe vermitteln. Im Schnitt haben unserer engagierten Ehrenamtlichen pro Jahr 30 Familien ihren Einsatz und ihre Unterstützug anbieten können. Besonders freut mich, dass unser Projekt im Raum Trier bereits  547 Kinder erreicht hat.


Zuletzt noch eine sehr aktuelle Frage: Wie beeinflussen die Präventionsmaßnahmen in Bezug auf das Coronavirus die Arbeit im wellcome-Projekt?

Natürlich steht der Schutz der Gesundheit aller Beteiligten an oberster Stelle. Nichtsdestotrotz ist die derzeitige Lage traurig für die Familien und die Ehrenamtlichen. Die Kontaktaufnahme ist derzeit hauptsächlich virtuell möglich. Einige Familien stehen per Skype oder WhatsApp mit ihren Ehrenamtlichen in Kontakt. Manche Ehrenamtliche, die ihre Familien gern weiterhin unterstützen wollen, erledigen für die Familien beispielsweise kleine Einkäufe. Bei all den Umständen ist es doch sehr schön zu sehen, wie die Teams zusammengewachsen sind.

Auch ich als Koordinatorin halte den Kontakt zu den Ehrenamtlichen und den Familien durch regelmäßige Mails oder Telefonate, in denen ich nach höre, wie die aktuelle Situation bewältigt wird und wo möglicherweise andere Unterstützungs- und Entlastungsmöglichkeiten zu finden wären.

Auch die Planung unserer Jubiläumsfeier ist derzeit schwierig.
Unser besonderes Jubiläum dieses Jahr würde ich eigentlich gern ganz besonders feiern. Geplant ist eine Veranstaltung ausschließlich für die Ehrenamtlichen in unserem wellcome-Team. Sofern es die aktuelle Lage zulässt, gibt es eine Mosel-Schiffsfahrt mit Stadtführung in Bernkastel sowie Kaffee und Kuchen. Denn dieses wunderbare wellcome-Angebot steht und fällt mit den freiwillig engagierten Menschen, die es in die Tat umsetzen.

So erreichen Sie die wellcome-Koordinatorin Gudrun Zimmermann beim Diakonischen Werk in Trier:

Diakonisches Werk Trier, Wellcome (click)
Frau Gudrun Zimmermann
Theobaldstraße 10
54292 Trier

trier@wellcome-online.de
Tel: 0651 – 20 900 53
Fax: 0651 – 20 900 39
Sprechzeiten: Mo.-Fr. 9-12 Uhr